Was ich nicht erschaffen kann vermag ich nicht zu verstehen
Samstag, 19. März 2011
In unregelmäßigen Abständen werden unter dieser Rubrik Streiflichter aus der Ver­gangen­heit auftauchen – Beiträge und Gedanken aus früheren Blogs, meinen Unterlagen, Kom­mentaren, überallher. Sie sind nicht Bestandteil dessen, wofür dieses neue Blog steht und gehören doch dazu.

Parallel dazu werden auch die alten Folgen des Bücherregals peu à peu hinzugefügt werden.



Freitag, 18. März 2011
Im Original vom 12. Oktober 2010

Im heutigen Konzert amüsierte ich mich über das schöne Wort entusiasmieren, das im Be­gleit­blättchen in die sonst eher trockene Beschreibung Debussys Leben und Wirken hinein­ge­rutscht­quetscht war. So sehr gequetscht, daß des Wortes einziger Existenzgrund – das Be­dürf­nis des musikalischen Leiters, zu bramarbasieren – sofort ersichtlich war.

Mit einem Lächeln auf den Lippen reichte ich meiner Begleiterin das Programmheftchen, den Daumen auf das Wort gerichtet. Sie musterte den Text, hob die Augenbrauen, blickte erst vor­wurfsvoll zu mir auf und dann unter Augenrollen und Seufzen nach vorne. Irritiert ob dieser Reaktion betrachtete ich nochmal die von meinem Daumen markierte Textstelle. Ich muß wohl leicht verrutscht sein, denn statt auf das edle Wörtchen deutete die Kuppe eine Zeile höher, wo die Worte standen: immer ein großer Pariser.



Im Original vom 24. September 2010

Die Nachbarstochter bekam zum 18. Geburtstag von ihrem Vater einen Smart geschenkt. Jahreswagen, in weiß mit schwarzer Zelle. Ein echter Hingucker.

Stolz kutschierte sie mit dem Ding umher, parkte mehr oder weniger kreativ in der Einfahrt, weinte bitterlich, als ein Kotflügel von ebendiesem kreativen Parken unkreative Kratzspuren davontrug. Kurz, die Frau war verliebt in ihr Fahrzeug.

Diese Liebe gibt es nun nicht mehr. Den Smart übrigens auch nicht, was eng mit dem Vorher­gehenden zusammenhängt. Denn die Nachbarstochter läuft seit einigen Tagen mit Schienen an den Armen herum. Zweimal ein glatter Bruch, wird vermutlich gut verheilen. Schuld daran ist – so erklärte sie mir heute – die schlechte Konstruktion des Smartes. Sie sei ziemlich leichtsinnig gewesen, sich auf so eine kleine und leichte Kiste einzulassen, es müsse da ja mit Abstrichen bei der Sicherheit gerechnet werden. Bei einer solchen Bagatelle hätte das Auto auch nicht so kaputt sein dürfen, pflichtete ihr Vater bei. Er sei im Nachhinein entsetzt, daß er seiner Tochter solch einen Schrott gekauft habe (und eigentlich war es ja auch eher die Idee seiner Frau gewesen damals…). Als nächstes Auto kommt nur ein alter Volvo in Frage, der sei groß und stabil, da könne dann gar nichts passieren – da sind sich Vater und Tochter einig.

Später erfahre ich von der Mutter beiläufig einige Details. Nachts, Regen, 120 km/h in einer schlecht einsehbaren Kurve, mehrfach überschlagen und dann frontal in eine Felswand. Die gebrochenen Arme laut Auskunft der Feuerwehr ein Resultat falscher Sitzeinstellung.