„Was mich betrifft, so gestehe ich offen, daß ich keine wie immer gearteten Neidkomplexe gegen irgendeine Gesellschaftsschicht, Kaste oder Berufssparte in mir trage – außer natürlich gegen Politiker. Schließlich haben wir alle genügend eigene Sorgen und dazu auch noch etliche unserer Mitmenschen.
Nachdem das geklärt ist, muss ich allerdings zugeben, daß immerhin eine kleine Gruppe von Leuten ein recht beneidenswertes Leben führt: die Amateurfunker. Sie formieren sich in kleinen Cliquen, irgendwo zwischen 1256 und 1270 Kilo-Hertz, und führen faszinierende Zwiegespräche, wie zum Beispiel das folgende:
‚Hallo! Hallo! Hier spricht Gamma-Null-Delta Doppel-Zwölf Westminster Niagara. Ich rufe Mikro-Zwo-Makro Intercom Rappaport. Ich wiederhole.‘ (Und genau das tut er.) ‚Bitte kommen. Bitte kommen. Hier spricht Gamma-Null-Delta Doppel-Zwölf Westminster Niagara, bitte sprechen!‘
Worauf einige Bips und Bups zu vernehmen sind, gefolgt von der Antwort: ‚Hier spricht Mikro-Zwo-Makro Intercom Rappaport. Wie geht's Fritzi? Kannst Du mich gut hören? Mikro-Zwo-Makro Intercom Rappaport Ende.‘ ‚Hier spricht Gamma-Null-Delta Doppel-Zwölf Westminster Niagara. Ich kann Dich gut verstehen, aber mir kommt vor, dass der Frequenz-Converter von Deiner Drei-PLX Modulationseinheit eine leichte Rückkopplung hat. Gamma-Null-Delta Doppel-Zwölf Westminster Niagara Ende.‘ Zu diesem Zeitpunkt wird die Stimme von Mikro-Zwo-Makro bruechig und ist kaum noch zu verstehen: ‚Hier spricht Mikro-Zwo-Makro Intercom Rappaport Danke für den Tip, Freund, ich habe den frontalen Sende-Entzerrer auf Impuls F-Zwölf gestellt. Kannst Du mich jetzt besser hören, Fritzi? Mikro-Zwo-Makro Intercom Rappaport Ende.‘ ‚Hier spricht Gamma-Null-Delta Doppel-Zwölf Westminster Niagara. Dein Zykloston ist nicht richtig zentriert. Ausserdem glaube ich, das Dein Elektroden-Verwurtzler überheizt ist. Weisst Du was, ich komme mit dem Lötkolben runter. Gamma-Null-Delta …‘
Worauf Gamma-Null-Delta eine Treppe hinuntereilt, wo ihn Mikro-Zwo-Rappaport an der offenen Tür erwartet. Nachdem der Schaden behoben ist, begibt Fritzi sich wieder in das oberste Stockwerk, setzt sich an seinen Elektroden-Verwurtzler und beginnt wieder zu senden, Gamma-Null-Delta Doppel-Zwölf Westminster …
Das, liebe Freunde sind die einzigen Menschen in der Welt, die ich wirklich beneide.“
Ephraim Kishon † 29. Januar 2005
Nachdem das geklärt ist, muss ich allerdings zugeben, daß immerhin eine kleine Gruppe von Leuten ein recht beneidenswertes Leben führt: die Amateurfunker. Sie formieren sich in kleinen Cliquen, irgendwo zwischen 1256 und 1270 Kilo-Hertz, und führen faszinierende Zwiegespräche, wie zum Beispiel das folgende:
‚Hallo! Hallo! Hier spricht Gamma-Null-Delta Doppel-Zwölf Westminster Niagara. Ich rufe Mikro-Zwo-Makro Intercom Rappaport. Ich wiederhole.‘ (Und genau das tut er.) ‚Bitte kommen. Bitte kommen. Hier spricht Gamma-Null-Delta Doppel-Zwölf Westminster Niagara, bitte sprechen!‘
Worauf einige Bips und Bups zu vernehmen sind, gefolgt von der Antwort: ‚Hier spricht Mikro-Zwo-Makro Intercom Rappaport. Wie geht's Fritzi? Kannst Du mich gut hören? Mikro-Zwo-Makro Intercom Rappaport Ende.‘ ‚Hier spricht Gamma-Null-Delta Doppel-Zwölf Westminster Niagara. Ich kann Dich gut verstehen, aber mir kommt vor, dass der Frequenz-Converter von Deiner Drei-PLX Modulationseinheit eine leichte Rückkopplung hat. Gamma-Null-Delta Doppel-Zwölf Westminster Niagara Ende.‘ Zu diesem Zeitpunkt wird die Stimme von Mikro-Zwo-Makro bruechig und ist kaum noch zu verstehen: ‚Hier spricht Mikro-Zwo-Makro Intercom Rappaport Danke für den Tip, Freund, ich habe den frontalen Sende-Entzerrer auf Impuls F-Zwölf gestellt. Kannst Du mich jetzt besser hören, Fritzi? Mikro-Zwo-Makro Intercom Rappaport Ende.‘ ‚Hier spricht Gamma-Null-Delta Doppel-Zwölf Westminster Niagara. Dein Zykloston ist nicht richtig zentriert. Ausserdem glaube ich, das Dein Elektroden-Verwurtzler überheizt ist. Weisst Du was, ich komme mit dem Lötkolben runter. Gamma-Null-Delta …‘
Worauf Gamma-Null-Delta eine Treppe hinuntereilt, wo ihn Mikro-Zwo-Rappaport an der offenen Tür erwartet. Nachdem der Schaden behoben ist, begibt Fritzi sich wieder in das oberste Stockwerk, setzt sich an seinen Elektroden-Verwurtzler und beginnt wieder zu senden, Gamma-Null-Delta Doppel-Zwölf Westminster …
Das, liebe Freunde sind die einzigen Menschen in der Welt, die ich wirklich beneide.“
Ephraim Kishon † 29. Januar 2005
Es gibt wenige Probleme, die nach einem Ofenkäse nicht bedeutend unwichtiger erscheinen.
Meiner bescheidenen Meinung nach ist es kaum möglich, angenehmer zu reisen, als per Bahn. Sicher, Fliegen gäbe es da noch … aber mit Anreise, Kontrollen, Check-in et cetera lohnt sich das erst ab einigen tausend Kilometern. Darunter kommt man recht verläßlich, häufig pünktlich und insgesamt sehr bequem von A nach B. Während der Fahrt ist keine Konzentration auf die Straße nötig, stattdessen Lesen, Arbeiten, Schlafen, ganz nach Gusto und Tagesform. Wenn es sich ergibt, kann man wunderbar mit Mitreisenden ins Gespräch kommen und interessante und weniger interessante Menschen kennenlernen – stellt sich auf den ersten Blick das Nichtvorhandensein von Sympathie oder Kontaktbereitschaft heraus, besteht immernoch die Möglichkeit, sich in die höfliche Zurückgezogenheit zu verabschieden.
Durchaus, das ist nur eine Seite der Medaille: Die Preisgestaltung der Deutschen Bahn, nunmehr Aktiengesellschaft, ist eine … nennen wir es „nicht immer verständliche“ Sache. Auch ist die Bahn nicht gerade dafür bekannt, ihre Pünktlichkeit in Sekunden zu messen. Letztlich: Mitreisende, für die Rücksichtnahme nicht auf der Prioritätenliste steht, können sehr unangenehm sein.
Leider gibt es einen technischen Faktor, der diese Nachteile potenziert: den Großraumwagen. Hier dringt jedes schreiende Kind auch vom anderen Wagenende ungedämpft an das Ohr, hier unterhalten sich die Mitglieder fernreisender Fußballclubs wie auch die ebenso alkoholisierten Teilnehmerinnen jedes Junggesellinnenabschiedes über vier Sitzreihen, sodaß auch jeder andere Insasse über den bereits erreichten Alkoholpegel informiert ist. Die von der Bahn ausgerufenen „Ruhezonen“ ändern daran wenig – zu wenig kommen sie im Bewußtsein der Fahrgäste an.
Der fehlenden und manchmal schmerzlich vermißten Distanz steht paradoxerweise auch eine überwältigende Anonymität im Großraumwagen gegenüber. Statt in die Gesichter der Mitreisenden starrt man auf lichtgraues Plastik, der Lebensraum wird auf 80 Zentimeter Sitzabstand eingeschränkt. Die Kontaktaufnahme gestaltet sich schwieriger, höchstens im direkten Sitznachbarn findet man einen Gesprächspartner, und auch hier hängen die Hürden höher.
Als Refugium für Nostalgiker spendierte die Bahn auch den nicht unterteilten Wagen Vierer-Sitzgruppen mit einem Tisch, vier bis acht davon, je nach Bauart. Hier sitzt man sich gegenüber, ohne Tür, dafür mit einem Tisch und weniger Beinfreiheit. Ein schlechter Kompromiß, der dadurch nicht besser wird, daß an diesen Tischen die einzigen Steckdosen des ganzen Wagen verortet sind – mithin ist die Wahrscheinlichkeit hoch, daß man in einem Meer reisekoffergroßer Laptops verschwindet, auf denen lautstark aktuelle Kinofilme wiedergegeben werden.
Inzwischen ist es aber endgültig, daß das entspannte Reisen im Abteil langsam von der Bildfläche verschwinden wird. So verständlich diese Entscheidung aus ökonomischen Gründen, so bedauerlich ist sie aus der Sicht des Passagiers.
Nächste Woche fahre ich nach Dresden. Selbstredend im Abteil.
Das Bild zeigt das überaus komfortable Abteil des InterCity. Die Photographie ist gemeinfrei.
Durchaus, das ist nur eine Seite der Medaille: Die Preisgestaltung der Deutschen Bahn, nunmehr Aktiengesellschaft, ist eine … nennen wir es „nicht immer verständliche“ Sache. Auch ist die Bahn nicht gerade dafür bekannt, ihre Pünktlichkeit in Sekunden zu messen. Letztlich: Mitreisende, für die Rücksichtnahme nicht auf der Prioritätenliste steht, können sehr unangenehm sein.
Leider gibt es einen technischen Faktor, der diese Nachteile potenziert: den Großraumwagen. Hier dringt jedes schreiende Kind auch vom anderen Wagenende ungedämpft an das Ohr, hier unterhalten sich die Mitglieder fernreisender Fußballclubs wie auch die ebenso alkoholisierten Teilnehmerinnen jedes Junggesellinnenabschiedes über vier Sitzreihen, sodaß auch jeder andere Insasse über den bereits erreichten Alkoholpegel informiert ist. Die von der Bahn ausgerufenen „Ruhezonen“ ändern daran wenig – zu wenig kommen sie im Bewußtsein der Fahrgäste an.
Der fehlenden und manchmal schmerzlich vermißten Distanz steht paradoxerweise auch eine überwältigende Anonymität im Großraumwagen gegenüber. Statt in die Gesichter der Mitreisenden starrt man auf lichtgraues Plastik, der Lebensraum wird auf 80 Zentimeter Sitzabstand eingeschränkt. Die Kontaktaufnahme gestaltet sich schwieriger, höchstens im direkten Sitznachbarn findet man einen Gesprächspartner, und auch hier hängen die Hürden höher.
Als Refugium für Nostalgiker spendierte die Bahn auch den nicht unterteilten Wagen Vierer-Sitzgruppen mit einem Tisch, vier bis acht davon, je nach Bauart. Hier sitzt man sich gegenüber, ohne Tür, dafür mit einem Tisch und weniger Beinfreiheit. Ein schlechter Kompromiß, der dadurch nicht besser wird, daß an diesen Tischen die einzigen Steckdosen des ganzen Wagen verortet sind – mithin ist die Wahrscheinlichkeit hoch, daß man in einem Meer reisekoffergroßer Laptops verschwindet, auf denen lautstark aktuelle Kinofilme wiedergegeben werden.
Inzwischen ist es aber endgültig, daß das entspannte Reisen im Abteil langsam von der Bildfläche verschwinden wird. So verständlich diese Entscheidung aus ökonomischen Gründen, so bedauerlich ist sie aus der Sicht des Passagiers.
Nächste Woche fahre ich nach Dresden. Selbstredend im Abteil.
Das Bild zeigt das überaus komfortable Abteil des InterCity. Die Photographie ist gemeinfrei.
„Oh, das ist jetzt aber ganz falsch, wie Du das machst. Aber mit dem Messer kann das ja nix werden. Ich hab mir ja ein richtiges Messer aus China mitgebracht, seither mag ich ja mit nichts anderem mehr schneiden.“
„Du hast einen deutschen Wein für das Risotto geholt? Hm, also eigentlich weiß man ja, daß da ein Pinot Grigio rein muß.“
„Also wenn man das richtig machen will, dann muß man die Champions ja im Prinzip schälen. Waschen geht auf jeden Fall gar nicht.“
… läßt sich beliebig fortsetzen. Komischerweise herrscht Einigkeit, wer zum nächsten Kochen sicherlich nicht eingeladen wird.
„Du hast einen deutschen Wein für das Risotto geholt? Hm, also eigentlich weiß man ja, daß da ein Pinot Grigio rein muß.“
„Also wenn man das richtig machen will, dann muß man die Champions ja im Prinzip schälen. Waschen geht auf jeden Fall gar nicht.“
… läßt sich beliebig fortsetzen. Komischerweise herrscht Einigkeit, wer zum nächsten Kochen sicherlich nicht eingeladen wird.
Was habe ich heute abend wohl gegessen?
Wenn Sie einmal in meine schöne Stadt kommen, nehmen Sie sich doch einen Augenblick Zeit – gesetzt den Fall Sie reisen mit der Bahn. Denn die Renovierungsarbeiten der letzten Jahre (lange genug hat's gedauert) waren nicht umsonst: sowohl der nur ein bißchen jugendstileske Hauptbau als auch die großzügige lichte Bahnsteighalle gehören zu dem schönsten, was deutsche Bahnhöfe so zu bieten haben.
Ein netter Effekt findet sich direkt im Eingang zur Halle: ohne ersichtlichen Grund, vermutlich einfach weil man es kann, ist der Gang dort von einer Kuppel überspannt. Die ist so gut vermessen, daß jedes Geräusch scheinbar verstärkt zurückkehrt.
Und wenn Sie dann da so stehen und sich selbst beim Atmen belauschen, werden Sie plötzlich leise – aber lauter werdend – die Titelmelodie des A-Team hören. Erschrecken Sie nicht: ein etwas schnaufender, nichtsdestotrotz besagte Musik summender junger Mann wird gleich zwischen den schnatternden Asiaten links auftauchen, mehr oder weniger elegant über den querstehenden Gepäckwagen springen und beinahe vor denGrenzernBundespolizisten, die sich um den Aschenbecher scharen, auf die Schnauze fallen. Er wird sich fangen, wüste Flüche auf seine Ablösung, die lokalen Busfahrer und die Welt im Allgemeinen loslassen und sich zwischen die gerade schließenden Türen der Regionalbahn auf Gleis 7 werfen.
Besagter Sprinter bin – Sie werden es bereits erraten haben – ich; und ich bitte um Entschuldigung, sollte ich Ihren Gruß übersehen haben: mit Summen und Rennen bin ich bereits voll ausgelastet.
Ein netter Effekt findet sich direkt im Eingang zur Halle: ohne ersichtlichen Grund, vermutlich einfach weil man es kann, ist der Gang dort von einer Kuppel überspannt. Die ist so gut vermessen, daß jedes Geräusch scheinbar verstärkt zurückkehrt.
Und wenn Sie dann da so stehen und sich selbst beim Atmen belauschen, werden Sie plötzlich leise – aber lauter werdend – die Titelmelodie des A-Team hören. Erschrecken Sie nicht: ein etwas schnaufender, nichtsdestotrotz besagte Musik summender junger Mann wird gleich zwischen den schnatternden Asiaten links auftauchen, mehr oder weniger elegant über den querstehenden Gepäckwagen springen und beinahe vor den
Besagter Sprinter bin – Sie werden es bereits erraten haben – ich; und ich bitte um Entschuldigung, sollte ich Ihren Gruß übersehen haben: mit Summen und Rennen bin ich bereits voll ausgelastet.
Mit einer Menge Geld hat man plötzlich Probleme, die man vorher nie hatte. Das vordringlichste (neben falschen Freunden, der bösen Kapitalertragssteuer und der Entscheidung, ob es heute nun der Porsche oder der Jaguar…) davon ist die Frage, wie ich all meine Reichtümer unterbringen soll.
Das bare Hartgeld ist es, das meinen Unmut erweckt: seit ich vor Jahren die große, hauptsächlich dicke Brieftasche zum Teufel jagte ist sein Platz in der fifth pocket, jener Tasche in der rechten Hosentasche, in die ursprünglich wohl eine Uhr gehörte. Meine tickt am Handgelenk, also ist dieser Platz für Euro- und Centstücke frei.
Diese allzusimple Lösung hat nur einen Gegner. Es ist ein namenloser Werbefachmann, der vor langer Zeit auf den Gedanken kam, Dinge dürften nicht eine Mark – nein, sie müßten neunundneunzig Pfennige kosten. Möglicherweise gibt es diesen Fachmann (oder diese Fachfrau) schon nicht mehr. Uns – und speziell mir – hat er (oder sie) jedoch ein gar fürchterliches Erbe hinterlassen: bei jeder finanziellen Interaktion mit der Umwelt, sei es der Monatseinkauf oder nur ein Häppchen für zwischendurch, gibt man eine große und erhält viele kleine Münzen.
Die Folgen sind fatal: binnen weniger Stunden bis Tage schwillt die harte Bargeldmenge in der Minitasche dergestalt an, daß man kaum noch hineingreifen kann. Zuhause wird die ganze Bescherung dann herausgekramt und begutachtet: Zwei- und Fünfcentstücke, ab und an blitzt ein gelber Zehner dazwischen. Sollten die strategischen Kupferreserven knapp werden weil die Chilenos den Hahn zudrehen: ich kann helfen. Ansonsten ist der Alltagswert jener Münzen aber doch eher… gering.
An zentralem Ort gesammelt warten daher massige Mengen minderwerter Münzen darauf, in einem Jutesack zur Bank getragen zu werden und virtualisiert auf dem Konto zu landen. Wenn da nicht… der bei scheinbar allen Banken neu gefundene Servicebegriff wäre, der sich ungefähr so äußert: statt die vielen Zentner Münzen einfach in den Schlund eines Zählautomaten zu kippenmußdarf der Kunde selbst sortieren. Spätestens, wenn das zweite Zählbrett gefüllt ist, wird vehement auf die Möglichkeit, Rollen von Münzen nach Farben sortiert abzugeben, hingewiesen. Diese Papiere sind übrigens keineswegs so stabil wie sie aussehen und wenn sie reißen… dann immer in der Rolle mit den meisten enthaltenen Münzen. Alternativ denen, die am besten unter das Inventar der Bank rollen.
Wie man es also wendet: die Situation ist unbefriedigend. Die Rettung aus der Not erfolgt durch die Deutsche Post.
Nun erwartet man ja von ehemaligen Staatsunternehmen nicht allzuviel. Wenn einmal eine Entschuldigung für den vorangegangenen Zugausfall erfolgt, hat man schon einen der besseren Tage erwischt. Der Postdienstleistungsautomat MWD 3 des bayerischen Herstellers Sielaff wartet jedoch nicht nur vor meiner Haustür auf mich; pro Briefmarke („Automaten-Postwertzeichen, APWz“) darf ich ihm 15, bei gutem Wetter auch mal 20 Einzelmünzen in den Rachen schmeißen.
Mithin ist dieser Automat vor meiner Tür also das perfekte Beispiel, wie Technik unser Leben lebenswerter machen kann: befreit von der drückenden Last der gesammelten Kupfermünzen kann ich vergnügter existieren; an jeder Kasse strahle ich die Kassiererin an, wenn diese beginnt, Wechselgeld zusammenzusuchen – weiß ich doch, daß nun bald wieder eine Karte oder ein Brief fällig wird, den ich jemandem schreiben kann.
Sicher, wenn man das nicht weiß, mag diese meine Begeisterung ob des lästigen Kleingelds unverständlich sein. Ob ich es morgen früh der Dame an der Kasse sagen soll? „Diese Freude, meine Liebe, dieses Lächeln“, werde ich ihr sagen, „das verdanken Sie ganz alleine dem Postdienstleistungsautomat MWD 3.“
Das bare Hartgeld ist es, das meinen Unmut erweckt: seit ich vor Jahren die große, hauptsächlich dicke Brieftasche zum Teufel jagte ist sein Platz in der fifth pocket, jener Tasche in der rechten Hosentasche, in die ursprünglich wohl eine Uhr gehörte. Meine tickt am Handgelenk, also ist dieser Platz für Euro- und Centstücke frei.
Diese allzusimple Lösung hat nur einen Gegner. Es ist ein namenloser Werbefachmann, der vor langer Zeit auf den Gedanken kam, Dinge dürften nicht eine Mark – nein, sie müßten neunundneunzig Pfennige kosten. Möglicherweise gibt es diesen Fachmann (oder diese Fachfrau) schon nicht mehr. Uns – und speziell mir – hat er (oder sie) jedoch ein gar fürchterliches Erbe hinterlassen: bei jeder finanziellen Interaktion mit der Umwelt, sei es der Monatseinkauf oder nur ein Häppchen für zwischendurch, gibt man eine große und erhält viele kleine Münzen.
Die Folgen sind fatal: binnen weniger Stunden bis Tage schwillt die harte Bargeldmenge in der Minitasche dergestalt an, daß man kaum noch hineingreifen kann. Zuhause wird die ganze Bescherung dann herausgekramt und begutachtet: Zwei- und Fünfcentstücke, ab und an blitzt ein gelber Zehner dazwischen. Sollten die strategischen Kupferreserven knapp werden weil die Chilenos den Hahn zudrehen: ich kann helfen. Ansonsten ist der Alltagswert jener Münzen aber doch eher… gering.
An zentralem Ort gesammelt warten daher massige Mengen minderwerter Münzen darauf, in einem Jutesack zur Bank getragen zu werden und virtualisiert auf dem Konto zu landen. Wenn da nicht… der bei scheinbar allen Banken neu gefundene Servicebegriff wäre, der sich ungefähr so äußert: statt die vielen Zentner Münzen einfach in den Schlund eines Zählautomaten zu kippen
Wie man es also wendet: die Situation ist unbefriedigend. Die Rettung aus der Not erfolgt durch die Deutsche Post.
Nun erwartet man ja von ehemaligen Staatsunternehmen nicht allzuviel. Wenn einmal eine Entschuldigung für den vorangegangenen Zugausfall erfolgt, hat man schon einen der besseren Tage erwischt. Der Postdienstleistungsautomat MWD 3 des bayerischen Herstellers Sielaff wartet jedoch nicht nur vor meiner Haustür auf mich; pro Briefmarke („Automaten-Postwertzeichen, APWz“) darf ich ihm 15, bei gutem Wetter auch mal 20 Einzelmünzen in den Rachen schmeißen.
Mithin ist dieser Automat vor meiner Tür also das perfekte Beispiel, wie Technik unser Leben lebenswerter machen kann: befreit von der drückenden Last der gesammelten Kupfermünzen kann ich vergnügter existieren; an jeder Kasse strahle ich die Kassiererin an, wenn diese beginnt, Wechselgeld zusammenzusuchen – weiß ich doch, daß nun bald wieder eine Karte oder ein Brief fällig wird, den ich jemandem schreiben kann.
Sicher, wenn man das nicht weiß, mag diese meine Begeisterung ob des lästigen Kleingelds unverständlich sein. Ob ich es morgen früh der Dame an der Kasse sagen soll? „Diese Freude, meine Liebe, dieses Lächeln“, werde ich ihr sagen, „das verdanken Sie ganz alleine dem Postdienstleistungsautomat MWD 3.“
Mit der Zeit, wenn man einige Messen besucht und Fachzeitschriften abonniert hat, landet man auf der ein oder anderen Postliste. Das ist halb so wild, real life-Spam ist gegenüber solchem im elektronischen Postfach sowohl deutlich niveauvoller als auch kundenorientierter. Die eine oder andere Perle findet sich dennoch.
Möchte ich diese Messe wirklich besuchen? Oder dort gar vortragen? Eher nicht. Aber die dahinterstehende Frage ist eine, der fast jeder Ingenieur früher oder später begegnet: Will ich für dieWaffenVerteidigungsindustrie arbeiten?
Dabei läßt sich das Problem nicht einfach darauf eingrenzen nicht bei Diehl, EADS oder einem der anderen bekannten Hersteller anzuheuern. Über ein oder zwei Umwege läßt sich ein Großteil der modernen Technik dazu pervertieren, Menschen zu töten. Gut möglich, daß die nächste Generation cruise missiles ihre Ziele deshalb so genau findet, weil darin ein gewisses Bauteil seinen Dienst tut, das ich für einen ganz anderen Zweck entwickelte. Oder – noch abstrakter – weil jemand einen Artikel oder Aufsatz gelesen hat, den ich in einem Fachblatt veröffentlichte und dieser Jemand so einen kreativen Gedanken aus meinem Kopf direkt verwendet, um die Tödlichkeit seiner Waffe zu steigern.
Es ist nicht bequem, die Problematik in ihrer ganzen Tiefe zu verstehen, noch unbequemer, sie zu beantworten. Eine zu radikale Absage würde jeden technischen Fortschritt auf einigen Gebieten unmöglich machen – es gilt abzuwägen. Zusätzlich wird man in all die Dilemmata gestürzt, die hinter der altbekannten Frage stecken: „Kann es moralisch richtige Kriege geben?“ Die ein oder andere Stunde haben mich alle diese Fragen gekostet – immerhin weiß ich dafür heute, ob es meine Moralvorstellungen zuließen, die Security+Defence zu besuchen. Wenn ich dort denn etwas Interessantes für mich finden würde.
Möchte ich diese Messe wirklich besuchen? Oder dort gar vortragen? Eher nicht. Aber die dahinterstehende Frage ist eine, der fast jeder Ingenieur früher oder später begegnet: Will ich für die
Dabei läßt sich das Problem nicht einfach darauf eingrenzen nicht bei Diehl, EADS oder einem der anderen bekannten Hersteller anzuheuern. Über ein oder zwei Umwege läßt sich ein Großteil der modernen Technik dazu pervertieren, Menschen zu töten. Gut möglich, daß die nächste Generation cruise missiles ihre Ziele deshalb so genau findet, weil darin ein gewisses Bauteil seinen Dienst tut, das ich für einen ganz anderen Zweck entwickelte. Oder – noch abstrakter – weil jemand einen Artikel oder Aufsatz gelesen hat, den ich in einem Fachblatt veröffentlichte und dieser Jemand so einen kreativen Gedanken aus meinem Kopf direkt verwendet, um die Tödlichkeit seiner Waffe zu steigern.
Es ist nicht bequem, die Problematik in ihrer ganzen Tiefe zu verstehen, noch unbequemer, sie zu beantworten. Eine zu radikale Absage würde jeden technischen Fortschritt auf einigen Gebieten unmöglich machen – es gilt abzuwägen. Zusätzlich wird man in all die Dilemmata gestürzt, die hinter der altbekannten Frage stecken: „Kann es moralisch richtige Kriege geben?“ Die ein oder andere Stunde haben mich alle diese Fragen gekostet – immerhin weiß ich dafür heute, ob es meine Moralvorstellungen zuließen, die Security+Defence zu besuchen. Wenn ich dort denn etwas Interessantes für mich finden würde.